„Du bist, was du isst“ klingt nach Küchenpsychologie. Mit der Epigenetik bekommt der Satz eine harte biologische Grundlage. Denn nicht die DNA entscheidet allein, sondern wie sie gelesen wird. Und genau dort greifen Ernährung, Umwelt, Bewegung, Schlaf und Stress ein.
Was tatsächlich passiert
Sechs Fuß DNA pro Zelle passen nur, weil sie um Histone gewickelt sind – das Paket heißt Chromatin. Auf dieses Paket setzen sich chemische epigenetische Markierungen: zum Beispiel DNA-Methylierung oder Histon-Modifikationen. Sie wirken wie Schieberegler: Verdichten sie das Chromatin, sind Gene „zu“, lockern sie es, sind Gene „auf“. So entstehen Zell- und Lebensunterschiede, obwohl der genetische Code gleich bleibt. (Mechanistik aus der modernen Chromatin-Biologie.)
Warum das relevant ist – Beispiel:
- Hungerwinter (Niederlande 1944/45): Personen, die im frühen Mutterleib Mangel ausgesetzt waren, zeigen Jahrzehnte später andere Methylierungsmuster (u. a. am IGF2-Lokus) und ein erhöhtes Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das ist gut belegt und kein Mythos aus alten Chroniken. [Link]
- Agouti-Maus: Füttert man trächtige Mäuse mit Methylgruppenspendern, „verstummt“ das krankheitsfördernde agouti-Gen; die Nachkommen werden schlank und gesund – bei identischer DNA. Ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie mütterliche Ernährung epigenetisch prägt.
- Mütterliche Fürsorge & Stressprogrammierung (Ratte): Viel „Licking & Grooming“ entfernt silenzierende Marks am Glukokortikoid-Rezeptor im Hippocampus. Ergebnis: stabilere Stressachse – ein lebenslanger Effekt, verankert über Methylierung und Histon-Acetylierung.
- Transgenerationale Signale: Historische Kohorten (Överkalix) deuten darauf, dass Ernährungsexzesse oder Mangel bei Jungen vor der Pubertät die Lebenserwartung ihrer Enkel beeinflussen können. Korrelation, keine Deterministik – aber konsistent genug, um aufzuhorchen.
Jeder hat es selbst in der Hand!
Epigenetik ist das Bindeglied zwischen Genom und Lebensführung. Sie erklärt, warum zwei genetisch gleiche Menschen auseinanderdriften können – und warum Prävention wirkt. Wichtig: Epigenetische Muster sind veränderbar. In der Onkologie sind DNMT-Hemmer (Azacitidin, Decitabin) und HDAC-Hemmer (z. B. Vorinostat, Romidepsin) zugelassen – sie „entsilenzieren“ Tumorsuppressorgene. Das zeigt: Wir können an diesen Schaltern therapeutisch drehen!
Epigenetik in der Praxis – Wie macht man das?
Nicht die eine „Super-Pille“ und schon gar kein Medikament kann das, sondern tägliche Hebel, die nachweislich in epigenetische Pfade greifen… Und wer es sich genau anschaut erkennt: DAS ist Naturheilkunde!
Hier nur ein paar Stichpunkte:
- Ernährung: Viel Gemüse, Bitterstoffe, Polyphenole (z. B. Grüntee-Catechine, Kurkuma, Brokkoli-Isothiocyanate, Beeren) – sie interagieren mit DNMT/HDAC-Achsen und entzündlichen Genprogrammen. Nicht umsonst heißt ein Sprichwort: Der Mensch schaufelt sich sein Grab mit Messer und Gabel.
- Fasten/Essfenster: Fördert zelluläre Reinigungsprogramme und moduliert Genexpression über NAD⁺/Sirtuin-Achsen – kein Wunderglaube, sondern Biochemie. Ausführlich zum Fasten auf meiner Webseite: Heilfasten wirkt – wenn man es richtig macht | René Gräber
- Bewegung: Training ändert Methylierung im Muskel und an Entzündungsgenen – auch im Alter. Alles bekannt, die meisten wissen aber (wieder einmal) nicht wie man es umsetzt…
- Schlaf & Licht: Zirkadiane Taktung steuert Hunderte Gene; Schlafmangel kippt Entzündungsprogramme. Wissen viele, handeln aber nicht danach.
- Stressreduktion: Chronischer Stress prägt HPA-Achse – siehe Rattenmodell; beim Menschen sind Parallelen absolut plausibel!
- Umweltgifte minimieren: Endokrine Disruptoren aus Kunststoffen/Weichmachern sind keine Bagatelle; sie docken an hormonelle Pfade an, epigenetische Effekte inklusive. Und ja, das bedeutet, dass man das Zeug auch wieder aus dem Körper rausbefördern sollte — soweit das möglich ist. Ich habe dazu eine ausführliche Sprechstunde hier:
Video Online-Seminar: Biologische Entgiftung & Naturheilkunde | René Gräber
Fazit
Gene sind das Setup. Epigenetik ist die Bedienoberfläche. Wir können diese Oberfläche pflegen – oder verkrusten lassen. Jede Mahlzeit, jede Nacht mit gutem Schlaf, jede Stunde Bewegung und jeder reduzierte Stressor dreht an Schaltern, die über Jahrzehnte wirken. Und ja: Ein Teil dieser Spuren kann weitergegeben werden. Das ist Verantwortung – und Chance.
Hier noch ein sehr gutes Video: Wenn Essen auf die Gene schlägt:
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Ich weiß ,dass das hier nicht zum Thema passt aber trotzdem wichtig ist.
Seit über 100 Jahren kommen die Kinder immer früher in die Pubertät.
Mädchen kammen 1850 mit ca 15-17 Jahren in die Pubertät und heute mit 10 Jahren immer häufiger auch früher.
Es wäre sehr interesant wenn du mal ein Artikel darüber verfasst.